Trotz der enormen Fortschritte, die Medizin und Molekularbiologie in den letzten Jahrzehnten gemacht haben, sind viele Krankheiten noch immer unheilbar. Bei den meisten dieser Erkrankungen ist noch nicht verstanden, wie die Krankheit genau entsteht. Dazu zählt auch das Chronische Erschöpfungssyndrom.
Symptomatik
Wissenschaftlich wird das Chronische Erschöpfungssyndrom als Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom (ME/CFS) bezeichnet. Die Betroffenen klagen über eine Reihe unspezifischer Symptome in unterschiedlicher Stärke, insbesondere permanente oder rasche körperliche und geistige Erschöpfung. Viele beschreiben ihre verminderte geistige Leistungsfähigkeit als "Nebel im Gehirn" (Brain Fog). Charakteristisch für das Chronische Erschöpfungsyndrom ist die Post-Exertionelle Malaise (abgekürzt: PEM) als Leitsymptom. Die PEM äußert sich darin, dass Betroffene nach einer körperlichen oder geistigen Anstrengung über einen ungewöhnlich starken und langanhaltenden Erschöpfungszustand klagen. Auch nach einer Nacht im Bett sind sie nicht wieder frisch und munter, sondern genauso erschöpft wie am Abend zuvor. Bei manchen Betroffenen senkt sich die Belastungsgrenze nach jeder Überanstrengung dauerhaft weiter ab, bis sie nur noch in einem abgedunkelten und schallgedämpften Zimmer im Bett dahinvegetieren können. Bei mir selbst war es zum Glück bislang immer so, dass die Kräfte nach einiger Zeit wieder zurückgekommen sind. Wenn ich mich durch Gartenarbeit oder einen langen Tag im Büro überanstrengt habe, liege ich oft anderthalb Tage im Bett und selbst der Gang zur Toilette oder in die Küche, um etwas zu trinken oder zu essen, kostet mich eine große Willensanstrengung. Daher wird Betroffenen das sogenannte Pacing empfohlen, d.h. man soll seine Belastungsgrenzen sehr genau beachten und deren Überschreiten unbedingt vermeiden.
Die World Health Organization (WHO) hat ME/CFS bereits 1969 als eigenständige Krankheit klassifiziert, die im heute gängigen Klassifikationsschema ICD 10 mit dem Code G93.3 versehen ist. Trotzdem kannten und kennen viele Ärzte die Krankheit nicht. Da bei den Betroffenen keine krankhaften Veränderungen bei körperlichen Untersuchungen feststellbar waren, wurde die Symptome vielfach als eingebildet und psycho-somatisch bedingt abgetan. Die häufig empfohlene Bewegungstherapie hat den Gesundheitszustand mancher Betroffener eher verschlechtert als verbessert, wenn die individuellen Belastungsgrenzen überschritten wurden. Erst im Zuge der Corona-Pandemie in den Jahren 2020/21 erfuhr das Krankheitsbild öffentliche Aufmerksamkeit, weil eine signifikante Zahl an Menschen nach einer durchgemachten Corona-Infektion unter fortdauernden Problemen litt. Diese als Long Covid bezeichneten gesundheitlichen Einschränkungen waren sehr vielfältig, darunter ein gestörter Geruchssinn oder eine verminderte Lungenfunktion oder eine längerfrisitg eingeschränkte Leistungsfähigkeit, wie sie für ME/CFS typisch ist.
Auslöser und Krankheitsmechanismus
Leider sind die Ursachen und Entstehungsmechanismen von ME/CFS nur unzureichend verstanden. Was die Erkrankung auslöst, lässt sich aus den Berichten der Betroffenen nicht eindeutig herauslesen. Ein Teil der Patientinnen und Patienten berichtet von einem Krankheitsbeginn nach einer viralen oder bakteriellen Infektion - so war es auch bei mir. Auch Krebsbehandlungen mit einer Chemotherapie, Operationen, Traumata oder hormonelle Veränderungen werden als Auslöser genannt. Ein anderer Teil der Betroffenen kann hingegen den Beginn der Krankheit nicht eindeutig identifizieren und berichtet eher von einem schleichenden Prozess.
Während die meisten Fälle von ME/CFS eher mild verlaufen, bei denen sich die Symptome im Laufe der Zeit nicht verschlechtern oder sogar wieder bessern, gibt es auch sehr schwere Fälle, bei denen die Patienten jahrelang bettlägerig und pflegebürftig sind. Bei diesen schweren Fällen kann schon die kleinste Anstrengung eine Post-Exertionelle Malaise auslösen. Wer an einer schweren Form von ME/CFS leidet, wird zudem von mehr und stärker ausgeprägten Symptomen beeinträchtigt. Dazu zählen Überempfindlichkeit gegen Licht und Geräusche, Schmerzen in Muskeln und Gelenken sowie eine eingeschränkte Fähigkeit, länger in einer aufrechten Position zu sein. Als weitere Symptome werden u.a. langanhaltende infektartige Krankheitszeichen, eine gestörte Temperaturregulation, Verdauungsprobleme und zunehmende Unverträglichkeiten beschrieben. Die bei schwereren Krankheitsverläufen auftretenden Muskelschmerzen, medizinisch Myalgien genannt, wurden zunächst als charakteristisch für das Krankheitsbild angesehen, weshalb der Name Myalgische Enzephalomyelitis entstand, wobei der zweite Namensbestandteil Enzephalomyelitis auf die vermutete Ursache hinweist, nämlich eine Entzündung der Nerven im Gehirn oder Rückenmark.
Die bislang vorliegenden Erkenntnisse deuten daraufhin, dass der Krankheit eine Fehlregulation des Immunsystems und des autonomen Nervensystems zugrunde liegen könnte. Auch ein Zusammenhang mit dem Energiestoffwechsel wird diskutiert. Neuere molekularbiologische und histologische Untersuchungen zeigen viele Auffälligkeiten in zahlreichen Körpergeweben, weshalb man mittlerweile von einer Multi-System-Erkrankung spricht. Unklar ist, ob es möglicherweise abgrenzbare Untergruppen im Krankheitsbild ME/CFS mit unterschiedlichen Krankheitsmechanismen gibt. Da der Krankheitsmechanismus weitgehend unverstanden ist, fehlt es bislang auch an einem Ansatzpunkt für eine kausale Therapie.
Anwendungsfall für die Methode des ontogenetischen Denkens
Da ich selbst von der Krankheit betroffen bin, habe ich mich eingehend mit dem vorhandenen Wissen über die Krankheit beschäftigt. Dabei erfährt man eine Reihe von Einzelheiten, aber erhält kein stimmiges Bild. Da ich nicht bloß aktiv zuwarten wollte, bis eines Tages ein wissenschaftlicher Durchbruch gelingt, habe ich mich darauf besonnen, dass zuvörderst selber denken schlau macht. Um ungelöste Rätsel zu knacken, nutzen wir im Redaktionsteam von welträtsel.org gern die Methode des ontogenetischen Denkens. Wollen wir also sehen, ob wir mit dieser Denkmethode einige Hypothesen zum Krankheitsmechanismus des Chronischen Erschöpfungssyndrom herleiten können, die sich im Erfolgsfalle empirisch bestätigen lassen ...
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